Mein Brüderchen !
Ich liebe ihn wirklich !
Für mich der liebenswerteste Mensch denn ich kenne

Auch wenn wir uns als Kinder gezankt haben, wie es sich eben für Geschwister gehört.

Als ich 13 oder 14 war, hat er mich immer „verhinderte Klobürste“ genannt....ich hatte mir eine Dauerwelle machen lassen...ein wenig missglückt...und die Haare standen mir wild vom Kopf ab.
Natürlich hat er das auch durch den Schulbus gebrüllt, oder wenn Leute bei uns zu hause waren....
Aber ich war nicht besser. Eine ganze Zeit lang hab auch ich ihn immer geärgert.
Wir haben soviel Zeit mit streiten verbracht....

Als wir noch ganz klein waren (ja....André war auch mal kleiner als ich!) haben wir immer Geld getauscht. Ich hab André dann die schönen glänzenden 10 Pfennig Stücke gegeben, und bekam von ihm dann die matten alten Ein-Mark oder Zwei-Mark Stücke *gg.....aber irgendwann bin ich dann aufgeflogen.

Als ich so 7oder 8 war...also war André 5 oder 6, haben wir zwei oben bei Oma gemalt und gebastelt. Auf einmal schnapp der kleine Drecksack sich die Schere, und schneidet mir meinen Pferdeschwanz ab !
Ich hatte die Haare fast bis zum Hintern, und dann war da ne Kippe drin, so dass
Mama mir nen netten Bob hat schneiden lassen müssen. Ich hab meine Haare nie wieder so lang bekommen wie sie vorher waren!


Aber so sehr wir uns auch gezankt haben, als wir älter waren, haben wir fest zusammen gehalten.
André war immer für mich da. Egal was war, er hat getan was er konnte um mir zu helfen.
Als er grade mit seinem Umbau fertig war, und ich anfing zu bauen, da hat er so manches Mal nach der Arbeit noch bei mir mit angepackt, obwohl er wirklich fertig war nach 1,5 Jahren im Bau arbeiten.
Er hat Mamas und Alfreds Garten neu angelegt, als Alfred mit seiner Hüfte im Krankenhaus lag, damit er das nich machen muss, wenn er frisch operiert ist....

Und als André erfuhr, dass Stefan und ich im Garten heiraten wollen, war er auch schon wieder am planen, und hat am 13.08. direkt mit der Arbeit angefangen......
....und in der Nacht ist er dann ja gestorben.

Es tut mir so leid für meinen Bruder!
Er hat sein ganzes Leben lang gekämpft! Nie ist ihm was in den Schoß gefallen, alles hat er sich hart erarbeitet!


Dann hat er seine große Liebe kennen gelernt....seine Manu!
Und er hat wieder neuen Lebensmut bekommen....und kurz vor seinem Ziel,
kurz bevor er endgültig zu ihr ziehen konnte, da passiert das!
Es ist alles so unfair!

Das letzte was ich hab für ihn tun können, ist das ich versprochen habe mich um alle und alles zu kümmern. Vor allem um Mama Manu und seinen Sohn.

Der Junge soll wissen was er für einen tollen Vater gehabt hat, und was dieser ihm an Werten vermitteln wollte!

Ich werde von allen die André gekannt haben Geschichten sammeln, damit der Junge später weiß wer sein Vater war! Er sieht ja schon genau so aus wie André, vielleicht wird er ihm dadurch auch vom Wesen her noch ähnlicher!

Wer also etwas dazu beitragen möchte – schreibt mir einfach!









Mama hat mir erzählt, dass André schon mit der Nabelschnur um den Hals geboren wurde. Schon da hat er kämpfen müssen.
Dann wurde der verdacht geäußert, dass er Spastiker sein könnte.
Meine Mutter war mit ihm jahrelang beim Kinderturnen.
Er hat sich normal entwickelt, bis auf eine Störung in der Feinmotorik. Später hat man ihm die kaum noch angemerkt, nur beim Tanzen oder so was.

Als er dann in die Schule kam, wurde festgestellt, dass er Legastheniker ist.
Er konnte überhaupt nicht lesen, und was er schrieb ergab keinen Sinn.
Mama hat jeden Tag mit ihm stundenlang an den Hausaufgaben gemacht.
Manchmal musste ich auch dran glauben. Das war ein Kampf!
Ich hab es als Kind einfach nicht verstanden, dass er es nicht konnte.

Aber durch die ganze Arbeit, von Mama und auch von Andrés Lehrerinnen, hat er es geschafft. Er hat angefangen Comics zu lesen, und später sogar Bücher.

Als Mamas zweiter Mann anfing ihn zu schikanieren, fing André auch noch an zu stottern.
Er wurde in der Schule gehänselt....immer wieder. Er hat mir so leid getan.

Aber er hat sich durchgekämpft! Nicht unter kriegen lassen.
Und am Ende der Schulzeit hatte er eine Clique in der Schule, mit der er sich
Wohl richtig gut verstanden hat.

Dann die Ausbildung.
Zuerst hatte er eine Stelle zum Elektriker.
Aber in dem Betrieb hat er sich nicht wohl gefühlt. Jeden morgen vor der Arbeit hat er sich übergeben, der Vertrag wurde aufgelöst. André und Mama haben dann das Telefonbuch durchkämmt, und er bekam eine Stelle als Azubi bei Roosen, als Landschaftsgärtner.
Da hatte er was gefunden was ihm wirklich Spaß machte!
Er hat zwar so manches mal 12 13 oder 14 Stunden am Tag gearbeitet, auch Samstags, hat den ganzen Tag im Regen gestanden, kam kaputt nach hause, aber er war glaube ich glücklich mit dem Job.

Dann kam das mit seiner Schulter. Als Kind ist André mal beim spielen vom Baum gefallen. Das ist jedenfalls die Version, die wir kennen. Er war bei seinem Freund, und der ist wohl vom Baum aus auch noch auf ihn drauf gefallen. Nun....die Schulter war ausgekugelt. Im Krankenhaus wurde sie wieder eingerenkt, aber auch da hatte André wieder mal Pech.
Die Pfanne war wohl angeknackst, und das ist nicht bemerkt worden. Die Sehen und Muskeln waren mittlerweile in Mitleidenschaft gezogen, und somit musste er operiert werden.
Nach der OP war klar, dass er den Beruf des Landschaftsgärtners, der ihm so viel Spaß gemacht hat, nicht mehr machen durfte.
Auch Motorrad fahren war nun tabu.

Seine Abschlussprüfung zum Gärtner machte André mit dem Arm in der Schlinge.
Er hat bestanden, auch wenn der Prüfer ein Arsch war, und André bewertet hat, als hätte er mit zwei Armen arbeiten können.
Aber, er hatte seine abgeschlossene Ausbildung.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlte nicht, da im Antrag vergessen wurde, dass er sich mal den Arm ausgekugelt hatte. Toller Vertreter!

Dann die Suche nach einer Umschulung. Der Chemielaborant sollte es dann sein.
Aber so eine Umschulung war nicht so leicht zu bekommen. Ein Jahr Wartezeit.
Die Zeit hat André genutzt, um seinen Zivildienst zu leisten. Bundeswehr wäre nie was für ihn gewesen. Es war klar, dass er verweigern würde!

Die Umschulung im folgenden Jahr wurde nochmals um ein Jahr verschoben, in dem André super unzufrieden arbeitslos zu hause saß.
In der Zeit hat er meiner Mutter mit der Pflege meiner Oma unterstützt.

Endlich konnte er nach Oberhausen gehen, und mit dem Chemielaboranten beginnen. In Oberhausen hatte er für unter der Woche ein Zimmer, und das erste mal war er zu hause raus. Ich glaub das hat er genossen.

Dann lernte er seine Frau kennen.

Der Umbau vom Haus meiner Oma....über ein Jahr hat er Tag und Nacht gearbeitet, um seiner Freundin und sich ein neues Heim zu schaffen. Irgendwann ließen seine Kräfte nach, er hatte keine Lust mehr. Als er dann aber erfuhr, dass sie schwanger war, hat er noch einmal richtig reingeklotzt. Er wollte doch das Haus für seine kleine Familie fertig haben, wenn sein Nachwuchs da ist.
Und er wurde fertig, eine Woche vor Justins Geburt.
André hatte nun einen Job, ein Haus, eine kleine Familie.....und endlich ein Ende der
Schufterei in Sicht.
Er hat zwar noch im Garten bei Mama und Alfred gearbeitet, und auch mir beim Hausbau immer wieder geholfen, aber sein großes Projekt war abgeschlossen. Nur noch den Garten wollte er anlegen für seinen kleinen Mann.

Doch dann hat sich seine Frau von ihm getrennt

Er hat was ihn da bewegte selber einmal zusammen getragen.

Ich habe befürchtet, dass er zusammenbricht, aber auch da hat er sich wieder hoch gekämpft.
Im Internet hat er dann seine Manu kennen gelernt. Endlich eine Frau, die ihn nahm wie er ist, und ihn liebte.
Mit seiner Manu war er glücklich. Aber Manu wohnt in Thüringen.
Nach langem hin und her, und fast zwei Jahren Fernbeziehung, vermietet André sein Haus, und zieht zu Manu. Von Montags bis Freitags hat er dann bei Mutter gewohnt, weil er hier noch arbeiten ging. In Thüringen einen Job zu finden ist nicht grade leicht.
Also jedes Wochenende die Fahrerei. Aber das hat er gerne gemacht. Er war nur noch glücklich, wenn er bei seiner Manu war, oder seinen kleinen Mann hatte.

Und dann.....kurz vor seinem Ziel, ganz zu ihr ziehen zu können.....

Ob nun der Arzt einen Fehler gemacht hat, sein Körper einfach nicht mehr wollte, oder was auch immer passiert ist.....er kommt nicht mehr wieder. Nie wieder.

Es ist so unfair!
Ich verstehe es immer noch nicht!